Kneipp-Bund fordert Selbstverwaltung und Politik zum Handeln auf

Berlin/Bad Wörishofen, 14. Januar 2020 – „Es ist an der Zeit, unser Gesundheitssystem völlig neu zu denken. Es richtet sich immer weniger auf den Menschen aus. Wenn wir die Tragweite von Fehlentwicklungen nicht begreifen, laufen wir Gefahr, dass unser Gesundheitssystem irgendwann kollabiert und unser Solidarsystem ausgesaugt wird“, warnt Klaus Holetschek MdL, Präsident des Kneipp-Bundes. „Wir müssen wagen, die Dinge ohne Scheuklappen neu zu betrachten und brauchen einen sektorenübergreifenden Ansatz. Deutschland hat zweifelsohne ein gutes Gesundheitswesen, aber bei zu vielen Themen treten wir auf der Stelle und werden den Patienten nicht mehr gerecht“, sagt Holetschek – seien es die Defizite im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung, der Stillstand in der Pflege trotz zahlreicher punktueller Maßnahmen und Reformen, die fehlenden Lösungen für eine bessere Verbindung von ambulant und stationär, und nicht zuletzt der bedenkliche Anstieg kapitalgeführter und profitorientierter Konzernpraxen. „Wo das Primat von Kapitalinteressen herrscht, fehlt es systembedingt an der ärztlichen Fürsorge“, mahnt Holetschek.

Weg von der Reparaturmedizin – hin zu mehr Prävention
Angesichts der Krankheitskosten in der gesetzlichen Krankenversicherung von inzwischen mehr als einer Milliarde Euro pro Tag wird deutlich, dass Gesundheit und nicht Krankheit viel stärker honoriert werden muss. Es ist ein Systemwechsel notwendig – weg von der Reparaturmedizin, hin zur Prävention und zur angemessenen Berücksichtigung naturmedizinischer, ganzheitlicher Verfahren. Viele lebensstilbedingte Erkrankungen sind dadurch vermeidbar. Es ist höchste Zeit für eine Gesundheitsversorgung, die den ganzen Menschen im Blick hat und auf die Erhaltung von Gesundheit fokussiert ist.

Weg von einer zunehmenden Ökonomisierung – hin zu einer Integrativen Medizin
„Die Lage ist dramatisch und nach meinem Empfinden ist es bereits fünf nach zwölf: Wenn der Ausverkauf der Facharztpraxen an Kapitalgesellschaften so weiter geht, werden wir in Deutschland in wenigen Jahren keine freien Facharztpraxen mehr haben, sondern rein gewinnorientierte Kapitalunternehmen, die die Versorgung zugunsten von Profit verschlechtern und rationieren“, so Holetschek. Die moderne Medizin braucht ein patientenorientiertes Gesundheitswesen, in dem die Naturmedizin einen gleichberechtigten Platz neben der Schulmedizin hat. In der gegenseitigen sinnvollen Ergänzung von konventionellen und naturmedizinischen Therapien zu einer Integrativen Medizin liegt die Zukunft.

Unsere Forderungen
In unserem Gesundheitssystem werden die Interessen der Menschen im Gesundheitssystem nicht ausreichend berücksichtigt. Dass 75 Prozent der deutschen Nutzer von Naturmedizin sind, müsse sich auch

  • in den Erstattungsleistungen der Gesetzlichen Krankenkassen,
  • in der Forschungsförderung mit öffentlichen Mitteln und
  • in ihrer verbindlichen Integration in die Ausbildungsordnungen von Gesundheits- und Heilberufen

widerspiegeln. An dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe müssen alle Akteure des Gesundheitswesens beteiligt werden, damit möglichst viele Menschen erreicht werden. Der Kneipp-Bund fordert deshalb

  • die Etablierung eines ständigen Dialogprozesses, an dem Vertreter der Politik, der Wissenschaft, der Ärzteschaft und der Zivilgesellschaft beteiligt sind (sektorenübergreifendes Denken bzw. Vernetzung der Aktivitäten)
  • ein Zentrum für komplementärmedizinische Forschung und
  • eine Ambulanz für Integrative Medizin an Universitäten

Der Kneipp-Bund ist die größte nicht-kommerzielle Gesundheitsorganisation in Deutschland und vertritt die Interessen von mehr als 200.000 Menschen in seinen Kneipp-Vereinen und zertifizierten Einrichtungen. Als eine von drei Trägerorganisationen der Kampagne „weil‘s hilft“ setzt er sich für Vielfalt und Gerechtigkeit im Gesundheitssystem ein.

Mit freundlichen Grüßen

Thurid Marie Leinich

Pressestelle | Redaktion

Gesundheitssystem neu denken

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